Kontakt

Kontakt

21.08.2023 Psychosomatik

Vorstand der Conterganstiftung besucht Uniklinik Köln

Gefördertes Kompetenzzentrum besichtigt

(v.l.) Heinz-Günter Dickel, Margit Hudelmaier und Dieter Hackler (Vorstand Conterganstiftung), Dr. Alexander Niecke (Leiter Contergan-Zentrums), Bianca Vogel (Betroffene) und Prof. Dr. Christian Albus (Klinikdirektor), Foto: Christian Wittke
(v.l.) Heinz-Günter Dickel, Margit Hudelmaier und Dieter Hackler (Vorstand Conterganstiftung), Dr. Alexander Niecke (Leiter Contergan-Zentrums), Bianca Vogel (Betroffene) und Prof. Dr. Christian Albus (Klinikdirektor), Foto: Christian Wittke

Zu den vorgeburtlichen Schäden durch Contergan kommen Spät- und Folgeschäden. Dies betrifft auch psychische Probleme, die im Alter verstärkt auftreten. Laut Studien haben Menschen mit Conterganschädigung aufgrund von Depression, Angst oder anderen psychischen Störungen einen etwa doppelt so hohen Bedarf an psychologischer Hilfe wie der altersgleiche Bevölkerungsdurchschnitt. Doch nur jede sechste Person aus dem Kreis der Betroffenen nimmt sie in Anspruch – deutlich weniger als in der Gesamtbevölkerung.

Diesem bestehenden Bedarf an psychologischer Betreuung begegnet die Psychotherapeutische Contergan-Sprechstunde in der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie an der Uniklinik Köln bereits seit 2017. Seit letztem Jahr gehört die Einrichtung zu den zehn durch die Conterganstiftung geförderten Multidisziplinären Kompetenzzentren. Beim Ortstermin in Köln überzeugten sich Vorstand und Geschäftsstelle der Stiftung nun von der hohen Qualität des niederschwelligen therapeutischen Angebots für die Menschen mit Conterganschädigung.

Verschiedene Expertinnen und Experten des Kompetenzzentrums stellten den Gästen die Arbeit auf der Station und in der Ambulanz vor und gaben einen Einblick zum Stand der Forschung. „Der Fokus die ersten Jahrzehnte hat ausschließlich auf körperlichen Beschwerden sowie orthopädischer Hilfe gelegen,“ führte Dr. Alexander Niecke, Leiter des Kompetenzzentrums, aus. Zudem wüssten Ärztinnen und Ärzte – vom Internisten über die Orthopädie bis zu Therapeutinnen – in der Regel nichts über Contergan, den Skandal, seine Geschichte oder dessen medizinische Implikationen.

In der Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapie arbeiten 25 Therapeutinnen und Therapeuten gemeinsam mit den Betroffenen an der Reduzierung der Symptome und der Erhöhung der Lebensqualität. Eine stationäre Aufnahme erfolgt nur, wenn eine ambulante Behandlung nicht ausreichend erscheint. Auf der Station gibt es Musik, Kunst- und Aufenthaltsräume sowie Gesprächs- und Begegnungszimmer. Das Fazit aus der bisherigen Arbeit: Psychotherapeutische Interventionen können die mentale Gesundheit von Menschen mit angeborenen und erworbenen Behinderungen des Stütz- und Bewegungsapparates verbessern.

Es gibt viele Parallelen im Leben von Menschen mit Conterganschädigung: Probleme mit den Eltern und deren Selbstvorwürfen, Tabuisierung der Contergan-Historie, zunehmende Schmerzen, biografische Brüche und Lebenskrisen in zunehmendem Alter. Die eigentlichen Schädigungen und Schmerzen sind nie der alleinige Grund für zunehmende psychische Probleme und zugleich ist jede Geschichte individuell.

Die Expertinnen und Experten des Zentrums erwarten einen Anstieg der Fälle und Befunde, denn die Betroffenen befinden sich heute im selben Alter. Daher sei es nahezu folgerichtig, dass „vieles auf einmal wegbröckelt“, wie die Betroffene Bianca Vogel es ausdrückte, die ebenfalls bei dem Besuch dabei war. Sie hat die Angebote des Zentrums genutzt und rät dazu, es ihr im Fall psychischer Leiden gleichzutun. „Mir geht es heute viel besser. Ich bin den Menschen hier im Kompetenzzentrum sehr dankbar“, sagte sie. 

„Nach diesem Termin ist unsere Überzeugung noch gewachsen, dass die Hilfesuchenden mit Conterganschädigung in diesem Kompetenzzentrum in besten Händen sind“, so das Fazit von Dieter Hackler, Vorstandsvorsitzender der Conterganstiftung.

Das Angebot am Contergan-Kompetenzzentrum in der Uniklinik Köln steht allen, auch den Angehörigen von Betroffenen aus dem Bundesgebiet offen. Die Überweisung eines Arztes genügt für ein Erstgespräch.

Weiterführendes Interview mit Dr. Alexander Niecke, dem Leiter des Contergan-Zentrums an der Uniklinik Köln